In diesem umfassenden Leitfaden finden Sie alles, was Sie über Flussdiagramme (engl. Flowcharts) wissen müssen: Definitionen, geschichtliche Hintergründe, Anwendungen, Symbole, Tipps und mehr.
Lesedauer: 12 Minute(n)
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Was ist ein Flussdiagramm?
Ein Flussdiagramm oder Ablaufdiagramm (engl. Flowchart) ist ein Diagramm, das einen Prozess, ein System oder einen Algorithmus beschreibt und darstellt.
Diese Art von Diagramm wird in verschiedensten Bereichen eingesetzt, um komplexe Prozesse zu dokumentieren, planen, optimieren und zu kommunizieren. Flussdiagramme werden mit Rechtecken, Ovalen, und je nach Anwendung, mit zahlreichen anderen Formen erstellt. Des Weiteren werden Verbindungspfeile genutzt, um den Prozessfluss bzw. den Ablauf zu definieren.
Betrachtet man all die verschiedenen Formen von Flussdiagrammen, dann sind sie eines der am häufigsten verwendeten Diagramme, die sowohl von technischen, als auch von nichttechnischen Personen in zahlreichen Bereichen verwendet werden. Je nach Anwendung wird ein Flussdiagramm häufig auch als Programmablaufplan (PAP), Geschäftsprozessmodellierung und -notation (BPMN) oder Prozessflussdiagramm (PFD) bezeichnet. Darüber hinaus sind Sie auch mit anderen gängigen Diagrammen verwandt, wie z. B. dem Datenflussdiagramm (DFD) und dem Aktivitätsdiagramm der Unified Modeling Language (UML).
Flussdiagramm Geschichte
Die Verwendung von Flussdiagrammen zur Dokumentation von Geschäftsprozessen begann in den 1920er bzw. 1930 Jahren. Die Wirtschaftsingenieure Frank und Lillian Gilbreth legten den Begriff „flow process chart“ wörtlich 1921 bei der American Society of Mechanical Engineers (ASME) vor. In den frühen 30er Jahren nutzte der Wirtschaftsingenieur Allan H. Morgensen die von den Gilbreths entwickelten Tools als Basis für Konferenzen, bei denen er Kollegen aus seinem Unternehmen Methoden für effektiveres Arbeiten vermittelte. In den 40ern erlebten die von Morgensen entwickelten Methoden einen starken Aufschwung, der zwei seiner Studenten zu verdanken war: Art Spinanger und Ben S. Graham. Spinanger führte die Methoden zur Arbeitsvereinfachung bei Procter and Gamble ein. Graham, einer der Leiter von Standard Register Industrial, passte das Konzept des Flussprozessdiagramms an, um es im Rahmen der Informationsverarbeitung einzusetzen. 1947 führte die ASME ein an die ursprünglichen Konzepte der Gilbreths angelehntes Symbol-System ein.
Ebenfalls in den späten 40er Jahren nutzten Herman Goldstine und John Van Neumann Flussdiagramme als Grundlage für das Design von Computerprogrammen. In der Folgezeit erfreuten sich die Diagramme einer immer größer werdenden Beliebtheit, besonders im Rahmen der Entwicklung von Computerprogrammen und Algorithmen jeglicher Art. Auch heute werden sie weiterhin zu Programmierungszwecken verwendet, wobei oft sogenannter Pseudocode – eine Kombination aus Wörtern und Programmiersprache, die von Menschen gelesen werden kann – zum Einsatz kommt, um tiefgreifende Details darzustellen und Diagramme zu erstellen, die dem Endprodukt bereits näher kommen.
Flussdiagramm Symbole
Unten sehen Sie einige gängige Flussdiagramm-Symbole Eine umfassendere Liste finden Sie auf unserer Seite für Flussdiagramm-Symbole.
Terminal/Terminator | |
Prozess | |
Dokument | |
Entscheidung | |
Datensatz oder Input/Output | |
Gespeicherte Daten | |
Flussrichtungspfeil | |
Kommentar oder Anmerkung | |
Vordefinierter Prozess | |
On-Page-Konnektor/Referenz | |
Off-Page-Konnektor/Referenz |
Der Programmablaufplan (PAP)
In ihrer Funktion als visuelle Darstellung eines Datenflusses sind Programmablaufpläne äußerst nützlich, um ein Programm oder einen Algorithmus zu schreiben. Sie können einen Programmablaufplan erstellen, um die einem Programm zugrunde liegende Logik zu bestimmen, bevor Sie mit dem Codieren des automatisierten Prozesses beginnen. Es kann hilfreich sein, das Gesamtbild und große Zusammenhänge hervorzuheben und einen Leitfaden zu erstellen, der beim Codieren als Grundlage dienen kann. Programmablaufpläne erfüllen insbesondere folgende Funktionen:
- Darstellung der Anordnung bzw. Organisation von Code
- Visualisierung der Ausführung von Code innerhalb eines Programms
- Erläuterung der Struktur einer Website oder Anwendung.
- Analyse des Nutzerverhaltens auf einer Website oder in einem Programm.
Programmierer schreiben häufig sogenannten Pseudocode, eine Kombination aus Wörtern und Programmiersprache, die von Menschen gelesen werden kann. Mit solchem Code lässt sich ein höheres Maß an Details darstellen, sodass er entweder anstelle eines Flussdiagramms oder als nächste Etappe nach dem Schreiben von Code verwendet werden kann.
Verwandte Diagrammarten, die im Bereich der Computer-Software angewendet werden, sind:
- Unified Modeling Language (UML): UML ist eine allgemeine Modelliersprache aus dem Bereich der Softwareentwicklung.
- Nassi-Shneiderman-Diagramme: Dabei handelt es sich um einen Diagrammtyp aus dem Bereich der strukturierten Programmierung. Der Name geht zurück auf Isaac Nassi und Ben Shneiderman, die das Konzept 1972 als Studenten an der Stony Brook University entwickelten. Nassi-Shneiderman-Diagramme werden auch Struktogramme genannt.
- DRAKON-Diagramme: DRAKON ist eine algorithmische visuelle Programmiersprache, die zur Erstellung von Flussdiagramme eingesetzt wird.
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Ein Flussdiagramm erstellenAnwendungen von Flussdiagrammen in anderen Bereichen
Flussdiagramme erfüllen weit über den Bereich der Computerprogrammierung hinaus unterschiedliche Zwecke in vielen verschiedenen Bereichen.
Unabhängig vom Bereich:
- Dokumentieren und Analysieren von Prozessen.
- Normieren eines Prozesses für optimale Effizienz und Qualität.
- Kommunizieren eines Prozesses zwecks Schulung oder eines besseren Verständnisses in anderen Teilen des Unternehmens.
- Identifizieren von Engpässen, überflüssigen Schritten oder Aspekten innerhalb eines Prozesses, um diesen zu optimieren.
Bildung:
- Planung von Unterrichtsstoff und akademischen Voraussetzungen.
- Erstellen eines Unterrichtsplans oder eines mündlichen Vortrags.
- Organisieren eines Gruppen- oder individuellen Projekts
- Veranschaulichen eines rechtlichen oder Zivilverfahrens, zum Beispiel Wählerregistrierung.
- Planen und Strukturieren kreativer Arbeiten, zum Beispiel Songtexte oder Gedichte.
- Erläuterung der Charakterentwicklung für Literatur- oder Filmfiguren.
- Darstellung des Flusses eines Algorithmus oder Logikrätsels.
- Analysieren eines wissenschaftlichen Prozesses, zum Beispiel des Citratzyklus.
- Veranschaulichen eines anatomischen Prozesses, zum Beispiel der Verdauung.
- Auflistung von Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten bzw. Erkrankungen jeder Art.
- Kommunizieren von Hypothesen und Theorien, zum Beispiel der Maslowschen Bedürfnishierarchie,
Vertrieb und Marketing:
- Planung der Struktur einer Umfrage.
- Darstellen eines Vertriebsprozesses.
- Planung von Recherchestrategien.
- Darstellung von Registrierungsprozessen.
- Bekanntgabe und Verbreitung von Kommunikationsstrategien, etwa von Notfall-PR-Plänen.
Unternehmen:
- Nachvollziehen von Bestellungs- und Beschaffungsprozessen.
- Darstellen der Aufgaben oder täglichen Routine eines Mitarbeiters.
- Nachvollziehen des Nutzerpfads auf einer Website oder in einem Ladengeschäft.
- Entwickeln eines Geschäfts- oder Produktplans.
- Dokumentieren eines Prozesses in Vorbereitung auf eine Wirtschaftsprüfung, inklusive zur Erfüllung gesetzlicher Auflagen, zum Beispiel im Rahmen des Sarbanes-Oxley Act.
- Dokumentieren eines Prozesses in Vorbereitung auf einen Verkauf oder eine Konsolidierung.
Produktion:
- Erläutern der physischen oder chemischen Zusammensetzung eines Produkts.
- Darstellung des Produktionsprozesses von Anfang bis Ende.
- Aufdecken und Beheben von Ineffizienzen innerhalb eines Produktions- oder Beschaffungsprozesses.
Konstruktion:
- Darstellung von Prozess- oder Systemabläufen.
- Entwerfen und Aktualisieren von chemischen Prozessen bzw. Prozessen innerhalb industrieller Anlagen.
- Bewertung des Lebenszyklus einer Struktur.
- Darstellung eines Reverse-Engineering-Ablaufs.
- Erläuterung der Design- und Prototyp-Phase einer neuen Struktur bzw. eines neuen Produkts.
Arten von Flussdiagrammen
Unterschiedliche Autoren beschreiben verschiedene Arten von Flussdiagrammen auf unterschiedliche Art. Dazu gehören Experten mit veröffentlichten Werken, zum Beispiel Alan B. Sterneckert, Andrew Veronis, Marilyn Bohl und Mark A. Fryman.
In seinem 2003 erscheinen Buch Critical Incident Management (Umgang mit kritischen Zwischenfällen) listet Sterneckert vier beliebte Flussdiagrammarten auf, die sich alle mit der Steuerung bzw. Kontrolle eines Datenflusses und nicht mit dem Datenfluss an sich befassen:
Document Flowcharts (Dokumentenflussdiagramme):
Diese zeigen bestehende Kontrollmaßnahmen in Bezug auf den Dokumentenfluss über die verschiedenen Komponenten eines Systems hinweg. Das Diagramm wird von links nach rechts gelesen und veranschaulicht den Fluss von Dokumenten durch die einzelnen Geschäftsbereiche.Data Flowcharts (Datenflussdiagramme):
Diese zeigen die Kontroll- bzw. Steuermaßnahmen, denen Datenflüsse in einem System unterliegen. Datenflussdiagramme werden in erster Linie zur Darstellung der Kanäle verwendet, über die Daten innerhalb des Systems weitervermittelt werden, und nicht etwa zur Veranschaulichung von Kontrollflüssen.System Flowcharts (Systemflussdiagramme):
Diese stellen den Datenfluss zu den bzw. durch die wichtigsten Komponenten eines Systems dar, zum Beispiel Dateneingaben, Programme, Speichermedien, Prozessoren und Kommunikationsnetzwerke.Program Flowcharts (Programmablaufpläne):
Diese zeigen die internen Kontroll- bzw. Steuermaßnahmen eines Programms innerhalb eines Systems.
In seinem 1978 erschienenen Werk Microprocessors: Design and Applications (Mikroprozessoren: Aufbau und Anwendungen) unterscheidet Veronis je nach Umfang und Detail drei Flussdiagrammtypen:
System Flowchart (Systemflussdiagramm):
Gibt Aufschluss über die relevanten Geräte.General Flowchart (Allgemeines Flussdiagramm):
Erfüllt eine Übersichtsfunktion.Detailed Flowchart (Detailliertes Flussdiagramm):
Bietet ein höheres Maß an Details.
Bohl unterscheidet in ihrem Werk „A Guide for Progammers“ (Eine Anleitung für Programmierer) aus dem Jahr 1978 hingegen lediglich zwischen zwei Diagrammarten:
System Flowchart (Systemflussdiagramm)
Program Flowchart (Programmablaufplan)
Fryman auf der anderen Seite führt 2001 in Quality and Process Improvement (Qualitäts- und Prozessoptimierung) mehrere Kriterien für die Unterscheidung zwischen einzelnen Diagrammarten an und konzentriert sich dabei auf geschäftliche Kriterien, anstatt sich auf Computer-relevante Aspekte zu beziehen:
Decision Flowchart (Entscheidungsflussdiagramm)
Logic Flowchart (Logikflussdiagramm)
Systems Flowchart (Systemflussdiagramm)
Product Flowchart (Produktflussdiagramm)
Process Flowchart (Prozessflussdiagramm)
Weitere Autoren haben unter anderem folgende Arten von Flussdiagrammen begründet:
Swimlane-Grafiken bzw. Swimlane-Flussdiagramme:
Darstellung von Aufgaben und Verantwortungen in teamübergreifenden Prozessen.Workflow-Flussdiagramm:
Dokumentieren von Arbeitsabläufen in Büros, oft einschließlich Aufgaben, Dokumenten und sonstigen Informationen.EPK-Flussdiagramm (EPK: Ereignisgesteuerte Prozesskette):
Dokumentieren oder Planen eines Geschäftsprozesses.SDL-Flussdiagramme (SDL: Specification and Description Language; deutsch Spezifikations- und Beschreibungssprache):
Planung von Computeralgorithmen anhand drei grundlegender Komponenten: Systemdefinitionen, Blocktypen und Prozesstypen.
Diese verwandten Diagrammtypen werden oft als Arten von Flussdiagrammen bezeichnet:
Datenflussdiagramm (DFD):
Stellt den Informationsfluss eines Prozesses oder Systems dar.Prozessflussdiagramm (PFD):
Eine Art von Flussdiagramm, welche die Zusammenhänge zwischen den wichtigsten Komponenten einer industriellen Anlage darstellt.Business Process Model and Notation (BPMN 2.0):
Stellt die einzelnen Schritte eines geplanten Geschäftsprozesses grafisch dar.
So erstellen Sie ein Flussdiagramm
Definieren Sie Umfang und Zweck Ihres Flussdiagramms.
Was möchten Sie erreichen? Enthält Ihr Diagramm die richtigen Elemente, einschließlich der richtigen Start- und Endpunkte, um Ihren Zweck zu erreichen? Gehen Sie bei Ihren Recherchen sorgfältig und detailliert vor, aber halten Sie Ihr Diagramm simpel genug, um effektiv mit Ihrer anvisierten Zielgruppe kommunizieren zu können.Bestimmen Sie die verschiedenen Schritte in chronologischer Reihenfolge.
Hierzu müssen Sie eventuell Beteiligte befragen, den betreffenden Prozess unter die Lupe nehmen und/oder jegliche bereits vorliegende Dokumentation durchgehen. Sie können die Schritte zunächst in Form von Notizen aufschreiben oder mit einem ersten Diagrammentwurf beginnen.Organisieren Sie sie nach Typ und dazugehöriger Form,
beispielsweise nach Prozess, Entscheidung, Datensatz, Input oder Output.Zeichnen Sie das Diagramm,
entweder von Hand oder mithilfe einer Flowchart Software wie Lucidchart.Lassen Sie Ihr Flussdiagramm absegnen,
indem Sie die Schritte mit Personen durchgehen, die am Prozess beteiligt sind. Beobachten und analysieren Sie den Prozess in der Folgezeit, um sicherzustellen, dass Sie keine wichtigen Schritte oder Aspekte übersehen haben, die für Ihren Zweck notwendig sind.
Weitere Tipps zu Flussdiagrammen
- Behalten Sie bei der Gestaltung Ihrer Diagramme stets Ihre Zielgruppe im Hinterkopf. Klare Kommunikation ist eines der wichtigsten Ziele von Flussdiagrammen.
- Falls mehrere Teams oder Abteilungen an dem Prozess beteiligt sind, für den Sie ein Diagramm erstellen, ist es unter Umständen empfehlenswert, ein Swimlane-Diagramm zu nutzen, um Verantwortungsbereiche und Übergaben klar zu veranschaulichen.
- Nutzen Sie On-Page- oder Off-Page-Konnektoren, um Ihr Diagramm zu „bearbeiten“ und für einen logischen Informationsfluss zu sorgen. Mithilfe dieser Konnektoren können Sie das Diagramm in mehrere Seiten unterteilen, ohne dass der Informationsfluss darunter leidet.